Herausfordernde Kommunikation
Ich erinnere mich an ein Kommunikations-Seminar an dem ich vor Jahren einmal teilgenommen hatte. Unser Coach gab uns 5 alltägliche Begriffe vor. Anschliessend wurden wir aufgefordert, zu notieren, was wir unter diesen Wörtern verstehen. Das Ergebnis war wirklich beeindruckend: Innerhalb der Gruppe von 15 Teilnehmern gab es nahezu keine Ergebnisse, die deckungsgleich waren!
Wie konnte das sein? Wie ist es denn möglich, dass wir tagtäglich miteinander kommunizieren können, obwohl das Gegenüber eine ganz andere Vorstellung von Wörtern und Begriffen hat? Was passiert denn dann erst, wenn wir auch noch die Sprache wechseln?
Beim – vor allem auch in der Business-Kommunikation – viel genutzten Begriff «Nachhaltigkeit» ist das Verständnis ebenso diffus. Ein Begriff, der voll im Trend ist, in der Gesellschaft, zum Glück, inzwischen omnipräsent, egal in welcher Thematik, in welcher Branche, da sollten doch alle vom Gleichen reden, oder? Wir brauchen die gleiche Basis, wenn wir diskutieren, uns ausrichten und neue Strategien entwickeln möchten. Deshalb bedarf es im Vorfeld unbedingt einer Begriffserklärung.
Entwicklung des Begriffs «Nachhaltigkeit»
Immer noch wird Nachhaltigkeit häufig mit Ökologie gleichgesetzt. Das kommt daher, dass die Nachhaltigkeit ihren Ursprung im Schutz der Umwelt, der Ressourcen hat. Man staune, das erste Nachhaltigkeits-Konzept wurde bereits im 17. Jahrhundert (!) im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft von Hans Carl von Carlowitz entwickelt. Das 3-Säulen-Modell, das heute die geläufigste Definition für Nachhaltigkeit darstellt, entstand aus dem Brundtland-Report Ende der 90er Jahren und beinhaltet die Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Obwohl dieses Modell seither die Grundlage ist für den Begriff Nachhaltigkeit, ist es noch nicht in der breiten Masse angekommen

Nachhaltigkeit im Tourismus
Den Tourismus hat die Nachhaltigkeits-Welle inzwischen auch erreicht. Folglich steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Angeboten. Laut der neuesten Studie von booking.com, die gerade erst veröffentlicht wurde (03.06.2021), denken 83% der globalen Reisenden, dass nachhaltiges reisen wichtig ist. Das klingt im ersten Moment beeindruckend. Dennoch stellt sich – auch wenn es etwas provokativ ist – die Frage, was diese 29’000 Reisenden, die befragt wurden unter Nachhaltigkeit verstehen?
Auch wenn die Hälfte der befragten Studienteilnehmer genügend nachhaltige Reiseoptionen vermissen, gibt es dennoch Orientierungshilfen. Eine Quelle sind Nachhaltigkeit-Zertifikate, die sowohl Hotels, als auch Reiseveranstalter und Destinationen erhalten können, sofern sie in verschiedenen Bereichen nachhaltig arbeiten. Für den Reisenden bieten sie eine gewisse Sicherheit, dass dieser Anbieter unter anderem ressourcenschonend, tierschützend, gendergerecht oder zum Wohle der Kinder handelt.
GSTC und das 4-Säulen-Modell
Leider gibt es jedoch inzwischen auch schon einen regelrechten Label-Dschungel, der eine Orientierung eher wieder erschwert. Der Global Sustainability Tourism Council (GSTC) bietet hier Unterstützung. Er hat einen Kriterienkatalog entwickelt, um ein weltweites Verständnis von „nachhaltigem Tourismus“ aufzubauen. Mit seinem Rahmenwerk, das auf vier Nachhaltigkeits- Dimensionen aufgebaut ist, stellt er Mindeststandards für die Tourismusindustrie dar. Durch die Differenzierung der Kriterien für Hotels, Reiseveranstaltern und Destinationen werden die unterschiedlichen Bedingungen berücksichtigt. Akkreditierte Zertifikate bieten den Konsumenten einen Mindeststandard und eine Garantie, dass kein Greenwashing betrieben wird. Viele zeigen sich jedoch viel kreativer und gehen aktiv den Weg zu mehr Nachhaltigkeit.

Ein emotionales Synonym
Im Internet kursieren zahlreiche Publikationen, die sich einzig mit dem Begriff Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Mein sowohl simpler als auch sinniger Favorit als Synonym ist das nette Wörtchen „enkelgerecht“. Hier erhält der Begriff auch eine gewisse emotionale Tiefe und bleibt kein Abstraktum. Jeder kann sich fragen: Welche Konsequenzen hat mein Handeln für meine Enkel? Hat die Antwort in der Zukunft bestand – ob in ökologischer, ökonomischer, sozialer, kultureller oder anderer Sicht – handelt definitiv im Sinne der Nachhaltigkeit.